Cannabis-Legalisierung: Mehr Beschlagnahmen, offene Fragen und neue Risiken in Deutschland

18.06.2025 49 mal gelesen 0 Kommentare

Der große Irrglaube nach der Cannabis-Legalisierung

Die Teillegalisierung von Cannabis in Deutschland hat zu einem deutlichen Anstieg der beschlagnahmten Mengen durch den Zoll geführt. Laut der aktuellen Zolljahresstatistik, die Bundesfinanzminister Lars Klingbeil (SPD) in Hamburg präsentierte, stieg die beschlagnahmte Menge im Vergleich zu 2023 um fast vier Tonnen – ein Plus von rund 50 Prozent von 8.642 Kilogramm auf 12.618 Kilogramm. Die Generalzolldirektion sieht in der Teillegalisierung einen der Gründe für diesen sprunghaften Anstieg, da das öffentliche Interesse an Cannabis gestiegen ist und dadurch häufiger kleinere Mengen in Verkehr gebracht und festgestellt werden.

Viele Konsumenten scheinen das Gesetz missverstanden zu haben und gingen davon aus, dass die Einfuhr von Cannabis nun legal sei. Der Zoll stellte jedoch klar, dass die Ein-, Aus- und Durchfuhr von Cannabis weiterhin verboten und strafbar ist. Nur der Besitz von bis zu 25 Gramm im öffentlichen Raum ist straffrei, nicht aber die Einfuhr aus dem Ausland. Besonders kleinere Mengen stammen häufig aus den Niederlanden, während größere Mengen weiterhin über Spanien und Frankreich nach Deutschland gelangen. Neben den Kleinsicherstellungen verzeichnete der Zoll auch vermehrt Großsicherstellungen, insbesondere an See- und Flughäfen. Die Legalisierung in Ländern wie den USA, Kanada und Thailand habe zudem zu einer erleichterten Verfügbarkeit und einer Zunahme illegaler Einfuhren nach Deutschland geführt.

„Mir ist sehr daran gelegen, die Bedenken von Eltern, Polizisten, Lehrkräften und aus der Medizin besser als es in der Vergangenheit geschehen ist, in die Diskussion über Cannabis einzubeziehen“, sagte der CDU-Bundestagsabgeordnete und neue Drogenbeauftragte der Bundesregierung, Hendrik Streeck.

Im Koalitionsvertrag der neuen Regierung ist für Herbst eine „ergebnisoffene Evaluierung“ des Gesetzes zur Legalisierung von Cannabis vorgesehen. Ein schnelles Ende der Teillegalisierung ist damit nicht in Sicht.

Jahr Beschlagnahmte Menge (kg) Veränderung
2023 8.642 -
2024 12.618 +50 %
  • Einfuhr, Ausfuhr und Durchfuhr von Cannabis bleiben verboten.
  • Besitz von bis zu 25 Gramm im öffentlichen Raum ist straffrei.
  • Hauptschmuggelwege: Niederlande (kleine Mengen), Spanien/Frankreich (große Mengen).

Infobox: Die Teillegalisierung hat zu einem deutlichen Anstieg der Sicherstellungen geführt. Die Einfuhr bleibt weiterhin strafbar, was viele Konsumenten offenbar nicht wussten. (Quelle: WELT)

Nach einem Jahr: 76 Cannabis-Anbauvereinigungen genehmigt

In Nordrhein-Westfalen sind knapp ein Jahr nach dem Start 76 Anbauvereinigungen für Cannabis genehmigt worden. Insgesamt sind noch 85 Anträge in der Prüfung. Das Verfahren ist aufwendig, die erste Genehmigung wurde erst Ende September für einen Bielefelder Verein erteilt. Die Bezirksregierung Köln hat bislang 53 Anträge erhalten, davon wurden 22 genehmigt, 28 sind noch offen und drei wurden zurückgezogen. Die Bezirksregierung Düsseldorf hat 47 Anträge erhalten und 18 Vereinigungen genehmigt, 24 Anträge sind noch offen, fünf wurden zurückgezogen. In Arnsberg gingen 34 Anträge ein, 18 wurden genehmigt, 13 sind in Bearbeitung, zwei wurden zurückgezogen und einer abgelehnt. In Münster wurden 23 Anträge gezählt, neun genehmigt, zwölf sind offen, zwei zurückgezogen. In Detmold wurden 20 Anträge eingereicht, neun genehmigt, acht in Bearbeitung, drei zurückgezogen.

Wie es mit den Anbauvereinigungen nach dem Regierungswechsel im Bund weitergeht, ist unklar. Im Koalitionsvertrag der neuen schwarz-roten Regierung ist eine „ergebnisoffene Evaluierung“ des Gesetzes zur Legalisierung von Cannabis für Herbst 2025 vorgesehen.

Bezirksregierung Anträge Genehmigt Offen Zurückgezogen Abgelehnt
Köln 53 22 28 3 0
Düsseldorf 47 18 24 5 0
Arnsberg 34 18 13 2 1
Münster 23 9 12 2 0
Detmold 20 9 8 3 0

Infobox: In NRW wurden 76 Anbauvereinigungen genehmigt, zahlreiche Anträge sind noch offen. Die Zukunft der Clubs hängt von der geplanten Evaluierung im Herbst 2025 ab. (Quelle: N-TV)

Genehmigungen für Cannabis-Clubs – Hanfpionier vor Gericht

In Bayern wurden bislang acht Anbauvereinigungen für Cannabis genehmigt, zwei Anträge wurden abgelehnt und 21 sind noch in Bearbeitung. Zehn Anträge wurden von den Antragstellern zurückgezogen. Die Staatsregierung hat die Teil-Legalisierung stets kritisiert und mit strengen Regeln versehen, etwa einem kompletten Cannabis-Konsumverbot auf Volksfesten, in Biergärten und einigen Parks.

Ein selbst ernannter Hasch-Pionier aus Aschheim bei München, Wenzel Cerveny, steht nun vor Gericht, weil er lange vergeblich auf eine Genehmigung für seinen „Chillout-Club“ wartete. Die Vorwürfe betreffen die Zeit vor der Teil-Legalisierung und beziehen sich auf den Verkauf von Hanftee und CBD-Blüten mit einem THC-Gehalt unter 0,2 Prozent. Cerveny sieht sich als Opfer eines politischen Kurses und fordert Freispruch sowie Schadenersatz. Bei acht Razzien in mehreren Filialen wurden 2019 Waren im Wert von rund 250.000 Euro beschlagnahmt. Fünf Verhandlungstage sind für den Prozess angesetzt.

„Ich werde nicht nach Recht, sondern nach Ideologie verfolgt“, sagte Wenzel Cerveny. „Die Justiz schikaniert legale Händler und schützt damit keine Jugend – sie zerstört Existenzen.“
  • 8 Anbauvereinigungen in Bayern genehmigt
  • 2 Anträge abgelehnt, 21 in Bearbeitung, 10 zurückgezogen
  • Strenge Regeln: Konsumverbot auf Volksfesten, in Biergärten und Parks

Infobox: In Bayern schreitet die Genehmigung von Cannabis-Clubs langsam voran. Ein prominenter Fall landet vor Gericht, die Staatsregierung bleibt restriktiv. (Quelle: WELT)

Cannabis-Rezepte unter Druck: „Patientenfeindliche Haltung ohne Grundlage“

Seit der Teil-Legalisierung von Cannabis ist es möglich, medizinisches Cannabis online zu bestellen, sofern ein E-Rezept vorliegt. Telemedizin-Anbieter stellen diese Rezepte oft nach dem Ausfüllen eines Fragebogens aus, ohne persönliche Beratung durch einen Arzt. Die Bundesapothekerkammer kritisiert diese Praxis und warnt vor einer „minimalen diagnostischen Tiefe“ und einer Gefährdung der Gesundheit durch fehlende Beratung und Kontrolle, insbesondere bei beratungsintensiven Arzneimitteln wie Medizinalcannabis.

CSU-Politiker Stefan Pilsinger lehnt die Legalisierung grundsätzlich ab und kritisiert die Ausstellung von E-Rezepten: „Sich zudröhnen auf Kosten der Krankenkasse geht gar nicht.“ Viele Patienten bezahlen ihr medizinisches Cannabis jedoch selbst, die Preise liegen meist unter denen des Schwarzmarkts. Befürworter argumentieren, dass medizinisches Cannabis sauberer sei als Schwarzmarkt-Gras und dass viele Menschen sich historisch auch medizinisch auf dem Schwarzmarkt versorgt hätten. Julian Wichmann, Geschäftsführer der Bloomwell Group, spricht von einer „erschreckend innovations- und patientenfeindlichen Haltung ohne Grundlage“ seitens der Apothekerkammer und warnt davor, Patienten wieder in die Kriminalität zu drängen.

„Statt sich diesen echten Problemen zu widmen, führt die Bundesapothekenkammer einen Kampf gegen Patienten auf der Suche nach Alternativen aus Apotheken in Deutschland mit der Konsequenz, diese wieder in die Kriminalität zu drängen und sie dort erheblichen gesundheitlichen Risiken auszusetzen.“ (Julian Wichmann, Bloomwell Group)
  • Medizinisches Cannabis kann für viele Volkskrankheiten eingesetzt werden.
  • Preise für medizinisches Cannabis meist unter Schwarzmarkt-Niveau.
  • Kritik an zu leichtfertig ausgestellten E-Rezepten wächst.

Infobox: Die Debatte um Cannabis-Rezepte spitzt sich zu: Während Apotheker und Politiker vor Missbrauch warnen, sehen Unternehmen und Patientenvertreter die Gefahr, dass Patienten wieder auf den Schwarzmarkt ausweichen müssen. (Quelle: Frankfurter Rundschau)

Neue Studie über Cannabis: Warum Kiffen tödlich sein kann

Eine neue französische Meta-Analyse unter Leitung von Émilie Jounjus von der Universität Toulouse hat die Auswirkungen von Cannabis-Konsum auf das Herzkreislaufsystem untersucht. Die Analyse basiert auf 24 Studien mit Gesundheitsdaten von rund 200 Millionen Menschen. Die Ergebnisse zeigen, dass das Risiko für einen Schlaganfall bei Cannabis-Konsumenten um 20 Prozent höher ist als bei Nichtkonsumenten. Das Risiko für ein akutes koronares Syndrom, wie einen Herzinfarkt, ist um 29 Prozent erhöht. Am gravierendsten ist das Risiko für einen tödlichen Herzkreislaufversagen: Für Cannabis-Nutzer ist dieses Risiko etwa doppelt so hoch wie für Nichtkonsumenten.

Die Forschenden empfehlen, Cannabis-Konsum als Risikofaktor für das Herzkreislaufsystem zu betrachten und bei der Diagnose schwerer Herzkreislaufbeschwerden zu berücksichtigen. US-Fachleute fordern zudem verstärkte Aufklärung und Warnhinweise in Verkaufsstellen, da die Risiken für Herz und Gefäße mit denen des Tabakkonsums vergleichbar seien.

Risiko Erhöhung bei Cannabis-Konsumenten
Schlaganfall +20 %
Akutes Koronares Syndrom +29 %
Tödliches Herzkreislaufversagen ca. doppelt so hoch
  • Studie basiert auf Daten von rund 200 Millionen Menschen.
  • Risiken vergleichbar mit Tabakkonsum.
  • Empfehlung: Aufklärung und Warnhinweise verstärken.

Infobox: Die neue Studie belegt ein deutlich erhöhtes Risiko für Herzerkrankungen und tödliche Herzkreislaufereignisse bei Cannabis-Konsumenten. (Quelle: STERN.de)

Günzburg: Mit Cannabis auf dem E-Scooter unterwegs

In Günzburg wurde ein E-Scooter-Fahrer von der Polizei kontrolliert. Der Fahrer gab an, kurz vor Fahrantritt Cannabis konsumiert zu haben. Ein freiwillig durchgeführter Test verlief positiv, woraufhin eine Blutentnahme angeordnet wurde. Das weitere Vorgehen hängt vom Ergebnis der Blutuntersuchung ab.

  • Konsum von Cannabis vor Fahrtantritt zugegeben
  • Positiver Test führte zu Blutentnahme

Infobox: Der Fall zeigt, dass der Konsum von Cannabis im Straßenverkehr weiterhin Konsequenzen hat und polizeilich verfolgt wird. (Quelle: Augsburger Allgemeine)

Quellen:

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